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Kampagne für Saatgut-Souveränität

Zukunft säen – Vielfalt ernten: für krisensicheres und samenfestes Saatgut!”



Peliti bittet die BesucherInnen, auf einer Karte ihre Herkunft zu markieren


Zu Gast bei Peliti

Internationale Saatgut-Tage in Griechenland! Die Erhaltungs- Organisation „Peliti“ hatte für den 21.-23. April nach Nordost-Griechenland eingeladen und viele waren gekommen, auch Aktive aus der Kampagne für Saatgut-Souveränität aus Deutschland, Österreich, Portugal und Frankreich.

Peliti“ – eine Bezeichnung für eine im Norden Griechenlands wachsenden Eichenart – ist eine Organisation für die Erhaltung und Verteilung von Saatgut alter Pflanzensorten, vorwiegend von Gemüsesorten. Ihren Ursprung hat Peliti in der Sammlungstätigkeit von Panagiotis Saitounidis, der von zwanzig Jahren begonnen hatte, Saatgutproben zu sammeln, um dem Verschwinden einer damals noch vorhandene, aber schon schrumpfende Vielfalt von Kulturpflanzen etwas entgegenzusetzen. Vor gut zehn Jahren begannen dann die Saatgut-Festivals von Peliti, bei denen Saatgut gratis an Interessierte abgegeben wird, damit die Sorten in den Gärten weiterhin präsent bleiben. Mittlerweile gibt es elf regionale Gruppen von Peliti, die in verschiedenen Regionen Griechenlands Projekte betreiben, um das Bewusstsein von der Wichtigkeit der Pflanzenvielfalt zu fördern. Oftmals wird mit Schülern gearbeitet: diese ziehen aus Samen Pflanzen, die dann an die lokale Bevölkerung abgegeben werden.

Seit einigen Jahren hat Peliti ein Gelände im Dorf Mesochori, Gemeinde Paranesti im Nordosten von Griechenland am Fluss Nestos, der dort aus dem Rhodopen-Gebirge kommt. Ende April oder Anfang Mai findet jeweils an einem Samstag ein großer Tausch-Tag statt: Dutzende Saatgut-Erhalter, die zu Peliti gehören, senden ihr Saatgut ein oder kommen mit ihrem Saatgut einige Tage vorher, das Gelände wird vorbereitet, Tische für die Stände aufgebaut, Feuerstellen für riesige Suppentöpfe angelegt – bis dann am Samstagvormittag Tausende BesucherInnen auf das Gelände strömen, nach Saatgut suchen, sich an Ausstellungs-Ständen informieren und unterhalten sowie und am kostenlosen Essen teilnehmen.

In diesem Jahr wurde nun zu internationaler Beteiligung eingeladen, und so boten am Samstag auch Kokopelli Belgien und Longo Mai-Gruppen aus Frankreich und Deutschland Saatgut an. Beim Programm auf dem Podium erhielten diese und weitere Gruppen, etwa Via Campesina Austria, Gelegenheit sich vorzustellen. Auch ein kräftiger Regenschauer konnte der guten Laune der Aktiven nicht schaden, schließlich wurde zur Musik einer lokalen Gruppe mit Dudelsack und Rhythmusinstrumenten kräftig getanzt. Sonntag vormittag begann – nach einer Baumpflanzaktion – der Konferenzteil: zunächst stellten regionale Peliti-Gruppen und andere griechische Gruppen wie Sporos und Nea Guinea ihre Arbeit vor, dann ausländische Gruppen, etwa aus der Türkei und aus Bulgarien. Nachmittags waren dann auch die Saatgutkampagne als solche und weitere europäische Organisationen wie das Reseau de Semences Paysannes aus Frankreich und Rete Semi Rurali aus Italien an der Reihe; auch der mittlerweile fertiggestellte Film „Widerständige Saat“ mit griechischen Untertiteln wurde gezeigt. Die Vorstellung der vielen Gruppen stand dabei im Mittelpunkt; Diskussionen waren weniger vorgesehen, Arbeitsgruppen gar nicht. Gespräche ergaben sich eher in den Pausen und auf den Fluren, auch ein großes Fest am Sonntagabend ermöglichte es Kontakte herzustellen.

Der Montag war dann der Zukunft gewidmet: vormittags sollten die Gruppen und Organisationen ihre Pläne vorstellen – ein breites Panorama boten die anvisierten Aktivitäten der ca. 50 Anwesenden aus Griechenland und Europa. Am Nachmittag stand dann zunächst die Besichtigung des Saatgut-Hauses von Peliti auf dem Programm, danach konnte sich eine Arbeitsgruppe zu den Ideen der Kampagne für Saatgut-Souveränität bezüglich dezentraler und zentraler Aktionstagen im Oktober/November treffen, mit Beteiligung aus Griechenland, Frankreich, Portugal, Österreich und Deutschland. Ideen für einen Aktionstag zur Saatgut-Industrie am 16. Oktober, dem Welternährungstag und gemeinsame Aktionen zur Generalversammlung der UPOV, der Internationalen Organisation für den Rechtsschutz auf Pflanzensorten, in Genf Anfang November wurden vorgestellt und diskutiert, das gemeinsame weitere Vorgehen besprochen Ein Abendessen an einer langen Tafel in einer Taverne in Paranesti für die gut 30 verbliebenen Engagierten bildete einen schönen Abschluss der gemeinsamen Tage.

Unsere Delegation aus Deutschland hatte danach noch einige Tage Zeit und nahm eine Einladung nach Thermi bei Thessaloniki war. Hier wurden uns die Gelegenheit vermittelt, die staatliche griechische Genbank zu besuchen, die sich beim Flughafen von Thessaloniki befindet, dort konnten wir auch mit dem ehemaligen Direktor Nikos Stavropulos sprechen. Bedrückend zu sehen, wie die griechische Genbank gleichsam institutionell in der Luft hängt und ihre Zukunft sehr ungewiss ist. Griechenland als eine Land, das während der letzten Eiszeit nicht von Eis bedeckt war und das auf eine landwirtschaftlichen Tradition von zehntausend Jahren zurückblicken kann, ist zwar in beiden Bereichen, der natürlichen wie der agrikulturellen Biodiversität, ein Zentrum der Vielfalt – aber das Bewusstsein und die Wertschätzung diese Vielfalt scheint nur sehr schwach ausgeprägt zu sein, und die Genbank droht Opfer der von der Troika erzwungenen Sparmaßnahmen zu werden. Industrielle Getreide- und Gemüsesorten haben im land- und gartenwirtschaftlichen Erwerbsanbau in Griechenland die alten einheimischen Sorten verdrängt; die vormals staatlich organisierte Verteilung von Saatgut an die Landwirte ist privatisiert worden. Von früher einmal 15 Züchtungs­betrieben, die südlich von Thessaloniki angesiedelt waren, existiert noch ein einziger – stattdessen machen dort nun multinationale Saatgut- und Agrarchemiekonzerne wie Monsanto und Syngenta ihre Geschäfte.

Peliti“ ist bestrebt, das Bewusstsein für den Wert und die Wichtigkeit der landwirtschaftlichen Pflanzenvielfalt zu bilden, und hat in den letzten Jahren mit wenig bezahlter und sehr viel ehrenamtlichem unbezahltem Engagement einen wichtigen Beitrag dazu geliefert. Ob der krisenbedingte Trend zur Rückkehr in die Landwirtschaft (in den letzten 2 Jahren haben wohl etwa 40.000 Menschen angefangen, als Neubauern ihr Auskommen zu suchen) zur Erhöhung der Biodiversität beiträgt, wird sich zeigen müssen. Auf jeden Fall erscheint es gut und wichtig, die internationalen Kontakte zu pflegen und sich gegenseitig im Kampf um Saatgut-Souveränität zu unterstützen.

Text: Andreas Riekeberg, 1.5.2012
Bilder: Anne Schweigler und Jürgen Schröder

Initiatoren der Kampagne:

Notkomitee für die Erhaltung der Weizenvielfalt ohne Gentechnik
BUKO-Kampagne gegen Biopiraterie

IG für gentechnikfreie Saatgutarbeit

Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL)
Interessengemeinschaft Nachbau




Saatgut-Abgabe (vorne rechts Martina von Longo Mai und Kostas von Peliti Levkada



Durch Spenden den Protest unterstützen:
Kto.-Nr.: 234389 Inhaber: BUKO-VzF e.V., EDG Kiel, BLZ 210 602 37,
Stichwort: Biopiraterie/Saatgut

Kontakt: info@saatgutkampagne.org

UnterstützerInnen der Kampagne:

Österreichische Bergbauern- und Bäuerinnen Vereinigung (ÖBV), Via Campesina Austria

Red de Semillas (Spanien)

Red Andaluza de Semillas (Spanien)

BUKO-Kampagne gegen Biopiraterie

BUKO-Agrarkoordination

Aktionsnetzwerk globale Landwirtschaft

Europäisches Bürgerforum

Europäische Kooperative Longo Mai

Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt e.V.

Save our Seeds

Basler Appell gegen Gentechnologie (CH)

A SEED Europe (NL)

Percy Schmeiser; Rapsfarmer aus Kanada

PelitiSaatgut-Tauschnetz in Griechenland (HE)

Δικτυο Οικοκοινότητα
(Eco-community Network)

Ο Σπόρος ("The Seed")

Kampagne „Prudence OGM“ (F)



Ausstellungsstand der Saatgut-Kampagne


Jean-Francois Berthellot (RSP) übergibt Panagiotis Sainatoudis Getreide-Saatgut, im Saatguthaus von Peliti


Mit Nikos Stavropulos, dem ehemaligen Direktor der griechischen Genbank, in deren Lagerraum






Die Saatgutkampagne wird gefördert durch:






Impressum: verantwortlich für diese Homepage:
Andreas Riekeberg, Räubergasse 2a, 38302 Wolfenbüttel. E-Mail: info (bei) saatgutkampagne.org